06.03.2008

Mismaja, Poesiealbum aus Konstantinopel des 18. Jahrhunderts

Nachdem ich einigermaßen mir einen Überblick über meinen ersten Prüfungsbereich morgen, nämlich Papadiamantis und Die Mörderin, mir verschafft habe und mich geärgert habe, dass ich meine Hausarbeit zu der Stilistik und Sprache in der Mörderin, die ich vor sechs Jahren verfasst habe, in Leipzig in irgendeiner Umzugskiste liegen lassen habe, habe ich mich der Metrik und Editionsphilologie gewidmet und meine Kenntnisse in diesen Bereichen etwas aufgefrischt.

Der zweite Prüfungsbereich heute wird nämlich die Mismajá herausgegeben von Ántia Frandsí sein. Ich versuche hier einige Punkte zusammen zu tragen, um sie mir besser merken zu können. In zwei und halb Stunden ist es so weit....
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Mismaja stammt aus dem arabisch-türkischen mecmua und bedeutet 'Sammlung', 'Anthologie'. Mindestens ab 1750 bis zum Anfang des 19. Jh.s handelte es sich bei den GriechInnen um handschriftliche Gedicht- und Liedersammlungen (Poesiealben), die vor allem in Konstantinopel, Bukarest und Iasi verbreitet waren und für die griechische Oberschicht des Osmanischen Reiches, die Phanarioten, gedacht waren.

Frandsi nennt 11 verschiedene Mismajas, die noch erhalten sind, darunter einige mit Texten in Karamanlidika (Türkisch in griechischer Schrift). Es handelt sich um folgende Manuskripte:
  1. Grammatikos (Kopie, Original in der deutschen Besatzungzeit zerstört)
  2. Bibliothek Genadeios (139 Lieder)
  3. Museum Benaki (Übersetzungen)
  4. Parlamentsbibliothek (Akrosticha, Lieder und Disticha)
  5. Iliasku Sotiriu oder Sotiroglu (Übersetzungen und Originale)
  6. Bakris-Svoronos (griechische, karamanlische und beyadi (eine Mischung von den beiden ersten) Lieder)
  7. Skordilis (aus der Sammlung von Mavrokordatos-Baltatzis, Lieder und patriotische Hymnen)
  8. Spiros Bugiuklis (Volksdichtung, Disticha, Phanariotika und eigene Gedichte)
  9. Melpomeni (Manuskript aus dem Kloster Vatopedio, Berg Athos 1818, Notensammlung)
  10. Rädestinos (Noten und Lieder aus dem 18. und 19. Jh., viele davon in Karamanlidika)
  11. Bibliothek der Rumänischen Akademie (große Anzahl von rumänischen, griechischen und gemischten Manuskripten)
Auf der Krim waren Mismajas auch bei den Karaimen (turksprachige Juden) verbreitet.

In der Sammlung von Sissis Dautis, die in Wien 1818 bei Johann Bartholomäus Zweck gedruckt wurde und von Fradsi neu 1993 herausgegeben wurde tauchen meist kürzere Gedichte auf. Sie enthält 67 Gedichte, davon zwei längere Übersetzungen: Voltaires Memnon in einer Übersetzung von Evgenios Vulgaris und einen sogenannten "Brief" der Seila. Beides wird in 15-Silbern verfasst. Vulgaris' Übersetzung ist in der Volkssprache geschrieben.

Die unpersönliche Poesie der damaligen Zeit verlässt die christliche Moral um sich auf bürgerliche Werte der Aufklärung zu stützen (griechische Aufklärung).

In den Mismajas spielen eine besondere Rolle die Akrosticha. Ursprünglich hatte das Akrostichon eine magische Funktion. Es kommt bereits bei den babylonischen Gebeten vor. Später verfolgt man damit den Zweck des Copyrights. Es hatte auch eine mnemotechnische Funktion. Bei griechischen Gedichten ist er ab Eudoxos von Kindos (4. Jh. v. Chr.) zu finden und dann weiter in lateinischen und byzantinischen Gedichten. Die Akrosticha sind weiter in der osmanischen Zeit produktiv. Ein bekanntes Beispiel ist Romanos der Melod. In der deutschen Mittelalterdichtung kommen Akrosticha auch vor und setzen sich bis zum Barock fort (Opitz). Seltenere Formen der Akrosticha sind die Mesosticha und Telesticha. Es gibt deszendierende und aszendierende Akrosticha. Man muss bei der Erschließung von Akrosticha jedoch nicht auf jeden Vers achten, verbreitet sind auch Akrosticha, bei denen die erste Letter des Distichon oder Tristichon benutzt werden.

Fälle von Akrosticha in der Mismaja von Fradsi/Dautis:
Nr. 27 ->Σουλτανίτζα μου, αχ (christlicher Vorname vom 15. Jh. von zwei orthodoxen Sultaninnen stammend, Mara und Maria (oder bekannt als Gülbahar).
Nr. 39 ->Μαρούκα
Nr. 41 ->Σοφίτζα
Nr. 42 ->Ζαχαρία
Nr. 48 ->Μαρίκα
Nr. 53 ->Α, Μαριώρα (=Αχ, Μαριώρα)

Memnon von Voltaire ist anonym überliefert und obwohl es ein Stilbruch zu den eponymen Werken von Vulgaris zu verzeichnen ist, spricht vieles dafür, dass Evgenios Vulgaris tatsächlich der Übersetzer war. Das Werk wurde vor unserer Mismaja an der zweiten Auflage der Bosporomachia von Caspar Ludwig Momarz angehängt, einen Dolmetscher der Habsburgischen Botschaft in Konstantinopel im Jahre 1792 in Venedig herausgegeben und von Dimitrios Theodosios gedruckt.

Die Sprache (Volkssprache) des Memnon ist nicht die von Vulgaris heiß umkämpfte Hochsprache. Darüber hinaus ist Memnon in 15-Silbern und nicht in Hexametern, wie seinen offiziellen Gedichte, verfasst.

Henrich führt eine Anzahl von philologischen und historischen Belegen um die Vaterschaft der griechischen Adaption des Memnon Vulgaris zuzuschreiben.
1. In der ersten Auflage (Leipzig 1766) der Bosporomachia wird das Vorwort von E.B. (E.V.) signiert.
2. Im selben Jahr wird Vulgaris' Logik ebenfalls in Leipzig herausgegeben.
3. In der Zeit gab es in Leipzig keinen anderen Griechen mit diesen Initialien, der zu einer sochen Tätigkeit fähig wäre.
4. Später benutzte er die gleichen Initialien bei weiteren Werken.
5. Die Transkription von Voltaire in Ουολταίρος, Ουολταΐριος hat nur Vulgaris verwendet.
6. Er hat sein Werk mit zwei Kryptosphragiden (nach Henrich) besiegelt.
7. Die sprachliche Analyse, liefert ebenfalls mehrere Belege, dass trotz Volkssprache nur Vulgaris hinter der Adaption sich verbergen könnte.

Belege aus der sprachlichen Analyse:
1. Phonetik
  • Synizese fehlt, wie in der regionalen Varietät von Zakynthos, wo Vulgaris seine Kindheit verbracht hatte.
  • Vorsilbe α- ebenfalls verwendet, wie in den Mundarten der Ionischen Inseln. Vulgaris Briefe an seinen Vetter aus Zakynthos beinhalten auch viele solche Regionalismen und volkssprachliche Elemente.
  • Vorsilbe ματα- kommt vor, welche aus den Ionischen Inseln aber auch aus Epirus stammt.
  • Verengung [ε] > [i] (Epirus). In seiner Jugend hat Vulgaris in Epirus gelebt (Arta, Jannina). Er war außerdem Schuldirektor in Kozani, in der ebenfalls eine Verengung des Vokals vorkommt.
2.Morphologie
  • -οι als Endung auch für die alte a-Deklination. Charakteristisch für Makedonien und einige Kykladen (Kozani).
3.Syntax
  • Transitivierung von intransitiven Verben. Regionalismus (Nord- Nordostgriechisch, Konstantinopel). Vulgaris lebte auch mehrere Jahre in Konstantinopel bevor er nach Leipzig zog.
4.Lexik
  • Aus den Ionischen Inseln.
  • Italianismen (auch in größerer Verwendung in den Ionischen Inseln).
  • Turkismen (hauptsächlich aus dem Festland und Konstantinopel)
Quellen:
Φρατζή, Άντεια (Hg.). Μισμαγιά. Ανθολόγιο Φαναριώτικης Ποίησης κατά την έκδοση Ζήση Δαούτη (1818). Εστία 1993.
Henrich, Günther Steffen. Ο ελληνικός κόσμος ανάμεσα στην εποχή του Διαφωτισμού και στον εικοστό αιώνα. In: Δημάδης, Κ. Α. (Hg.) Πρακτικά του Γ. Ευρωπαϊκού Συνεδρίου Νεοελληνικών Σπουδών της Ευρωπαϊκής Εταιρείας Νεοελληνικών Σπουδών, Βουκουρέστι, 2-4 Ιουνίου 2006. . Athen: Ελληνικά Γράμματα 2007.
Henrich, Günther Steffen. Άγνωστα ακρόστιχα στη Μισμαγιά του Ζήση Δαούτη. In: Alonso, Javier Aldama, Omatos, Olga Saénz (Hg.). Cultura Neogriega. Tradición y Modernidad. Kultura Neogrekoa. Tradizioa eta Modernitatea. Νεοελληνικός Πολιτισμός. Παράδοση και Νεωτερικότητα. Actas del III Congreso de Neohelenistas de Iberoamérica (Vitoria-Gasteiz, 2 de junio- 5 de junio de 2005). Argitalpen Zerbitzua 2007.
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Εικόνα Αουσενάλστερ Αμβούργο- Bild Außenalster Hamburg- Imágen Außenalster Hamburgo

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